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Einzelpfarrstellen soll es zukünftig nicht mehr geben
Essener Synode aktualisierte das Pfarrstellenrahmenkonzept
(Essen, 11.11.2023) Die Aktualisierung des Rahmenkonzeptes für Pfarrstellen in den 26 Kirchengemeinden des Kirchenkreises war eines der Hauptthemen der Essener Kreissynode, die zu ihrer 32. ordentlichen Tagung in Schonnebeck zusammengetreten war. Wichtigste Neuerung: Mit großer Einmütigkeit beschloss das Kirchenparlament, dass Einzelpfarrstellen in Kirchengemeinden zukünftig nur noch in Ausnahmefällen und bei Vorliegen genau definierter Voraussetzungen besetzt werden können. Außerdem standen die Haushaltspläne des Kirchenkreises für die Jahre 2024 und 2025, die Bildung eines Notfallseelsorge-Verbundes für Mülheim, Essen und Oberhausen sowie verschiedene Jahres- und Arbeitsberichte auf der Tagesordnung.
Die Tagung begann um 9 Uhr mit einer Andacht von Pfarrer Dr. Wolfram Jehle, Bezirksbeauftragter für den Religionsunterricht an den Berufskollegs der Stadt Essen. Anschließend erstatteten die Superintendentin und die Verwaltungsleiterin ihre turnusmäßigen Jahresberichte über relevante Ereignisse und Veränderungen in den vergangenen zwölf Monaten. Nach Informationen über die aktuell laufende Bildung von Gestaltungsräumen, die auf der letzten Synode beschlossen worden war, und einem Bericht aus dem Nominierungsausschuss stand der Sitzungsschwerpunkt, die Aktualisierung des Rahmenkonzeptes für Pfarrstellen, im Mittelpunkt.
Im zweiten Teil berieten die Synodalen zunächst über ein Statement der Evangelischen Jugend Essen, fassten einen Beschluss zur Gründung der MEO-Notfallseelsorge und hörten einen Bericht aus dem Ausschuss für Nachhaltigkeit. Letztes Thema der Synode waren die Finanzen: Die Delegierten aus Kirchengemeinden, Diensten und Einrichtungen beschlossen die Haushalts- und Wirtschaftspläne des Kirchenkreises Essen für die kommenden zwei Jahre, entschieden über die Jahresabschlüsse und stimmten über die kreiskirchlichen Kollekten des Jahres 2024 ab. Mit einem Segenswort und dem Schlusslied klang die Herbstsynode des Kirchenkreises gegen 17 Uhr aus. Nachfolgend dokumentieren wir die wichtigsten Ergebnisse der Beratungen:
BERICHT DER SUPERINTENDENTIN
In den Mittelpunkt ihres Berichts über die relevanten Ereignisse der letzten zwölf Monate stellte Superintendentin Marion Greve die Suche nach einer zukünftigen Gestalt von Kirche. „In den Begegnungen des zurückliegenden Jahres drehten sich viele Gespräche um die Zukunft unserer Kirche. Ich habe dabei beides erlebt: Aufbruchstimmung und Lust an der Veränderung trotz zurückgehender Ressource. Aber auch die Traurigkeit angesichts von kontinuierlichen Rückbauprozessen, die uns alle anstrengen“, sagte Marion Greve. „Zu spüren war immer, dass allen daran liegt, unsere Kirche so zu gestalten, dass Kinder und Enkelkinder in ihr gerne zu Hause sind.“
Aktuell seien Gemeinden, Dienste und Einrichtungen „mittendrin in einer gemeinsamen Suchbewegung“ – hin zu einer Evangelischen Kirche in Essen, die bewährte gute Kontakte zu ihren Mitgliedern stärke und nach neuen Wegen zu denen suche, „die uns eher distanziert gegenüberstehen, jedoch religiös noch ansprechbar sind“. Dass dies sinnvoll sei, zeige sich auch in den ersten Ergebnissen der 6. Mitgliederstudie der Evangelischen Kirche in Deutschland, die Ende November in vollem Umfang veröffentlicht werde. Mit der Bildung von sechs Gestaltungsräumen habe der Kirchenkreis Essen zudem neue Gesprächsräume eingerichtet, in denen gemeinschaftlich nach dem gesucht werde, was vor Ort guttue.
Weitere Themen des Berichts waren u.a. ein Rückblick auf das erste zentrale Tauffest im August dieses Jahres, die Arbeit der Kasualagentur „Segen45“, die Citykirchenarbeit an der Marktkirche, Maßnahmen zum Klimaschutz, die am 18. Februar anstehenden Presbyteriumswahlen, aktuelle Entwicklungen in der Diakonie und ein Rückblick auf das Jubiläumsjahr „100 Jahre Diakonie in Essen“.
Zum Abschluss ging die Superintendentin auf die Situation in Israel und im Nahen Osten ein. „Erschüttert, sprachlos und um Worte ringend erlebte ich am 7. Oktober den Terrorangriff der Hamas auf Israel. Es ist kaum zu fassen: jüdische Menschen wurden auf furchtbarste Weise aus dem Leben gerissen. Das Blutbad unter jugendlichen Festivalbesuchern in der Negev-Wüste, die brutalen Entführungen, die unzähligen Ermordeten, die entfesselte Gewalt der Terrormiliz Hamas sind verabscheuungswürdig und mit nichts zu rechtfertigen.“ Diese entfesselte Gewalt bringe überall Leid – auf allen Seiten. „Aus den Gesprächen mit all unseren Partnerinnen und Partnern in Essen, insbesondere der Jüdischen Kultus-Gemeinde halte ich fest: Gemeinsam stehen wir in unverbrüchlicher Solidarität an der Seite unserer jüdischen Freundinnen und Freunde in Israel und in Essen.“ Sie teile das Leid derer, die hier in der jüdischen Gemeinde um Verwandte oder Freundinnen und Freunde trauerten, die sich unter uns bedroht fühlten.
„Das darf nicht sein! Wir beten für ein friedliches Miteinander. Wir wehren all denen, die versuchen, Konflikte des Nahen Ostens in unsere Stadt Essen hineinzutragen. Ich rufe alle Mitglieder der Synode dazu auf, dem Aufruf der Essener Allianz für Weltoffenheit zu folgen und am Sonntagabend mit einer Menschenkette vor der Alten Synagoge ein Zeichen der Solidarität mit der jüdischen Gemeinschaft in Essen, gegen Hass und Rassismus zu setzen.“ Den Jahresbericht ist Teil eines PDFs, das Sie unten auf dieser Seite finden.
BERICHT DER VERWALTUNGSLEITERIN
In ihrem Jahresbericht dankte Katja Wäller, Geschäftsführerin des Kirchenkreises und Leiterin des Evangelischen Verwaltungsamtes Essen, allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Verwaltungsabteilungen und bei den Gemeindeübergreifenden Diensten für ihr hohes Engagement. „Mein besonderer Dank gilt unseren fünf Abteilungsleitenden für die umsichtige Leitung und Führung der Mitarbeitenden in ihren Abteilungen, den drei leitenden Theologinnen und dem Kreissynodalvorstand für das Vertrauen, das unsere Arbeit sehr stärkt!“
Danke sage sie aber auch den Gremien und Ausschüssen („Wir werden gut begleitet!“), der Mitarbeitendenvertretung („Mit unserer MAV ist eine besonders gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit möglich“) und nicht zuletzt den Gemeinden („Ein großes Dankeschön an Sie für Ihr Mittun, Ihr Vertrauen und auch Ihr Verständnis, wenn die Dinge einmal nicht so gut laufen“).
Themen ihres Berichts waren insbesondere die Umzüge von Abteilungen, so dass die Verwaltung nun komplett im Haus der Evangelischen Kirche und im benachbarten Gebäude an der Logenstraße 6 arbeitet; die zunehmende Vernetzung und deshalb dringend erforderliche, aber auch schwierige Anpassung von Arbeitsprozessen in den teilweise sehr unterschiedlichen Verwaltungen der rheinischen Kirchenkreise; die Versuche, die Komplexität von Vorgaben und Vorschriften für die Verwaltung innerhalb der Landeskirche zu reduzieren; sowie nicht zuletzt den Fachkräftemangel, der Stellenbesetzungen innerhalb mancher Abteilungen erschwere.
NOMINIERUNGSAUSSCHUSS
Der Nominierungsausschuss empfahl den Synodalen, das bewährte Leitungskonzept, demzufolge die Superintendentin bzw. der Superintendent ihr Amt nebenamtlich ausüben und formell Pfarrerin bzw. Pfarrer einer Essener Kirchengemeinde sein muss, fortzusetzen. Nachdem ein Antrag „aus der Mitte der Synode“, beim Kirchenkreis eine Pfarrstelle für eine hauptamtliche Superintendentin bzw. einen hauptamtlichen Superintendenten einzurichten, mit sehr großer Mehrheit abgelehnt wurde, steht fest, dass das Amt der Superintendentin bzw. des Superintendenten auch in der kommenden Wahlperiode nebenamtlich ausgeübt wird.
SCHWERPUNKTTHEMA PFARRSTELLENRAHMENKONZEPT
Angesichts des anhaltenden Mitgliederschwundes wird es in den 26 Gemeinden des Kirchenkreises im Jahr 2030 aller Wahrscheinlichkeit nach ausschließlich Einzelpfarrstellen geben. Kirchengemeinden, in denen es Einzelpfarrstellen gibt, stehen heute schon vor weitaus größeren Herausforderungen als Gemeinden, in denen es mehrere Pfarrstellen gibt: Zu nennen sind insbesondere die Schwierigkeiten, Vertretungsdienste zu organisieren, und die hohe Arbeitsbelastung, die mit der Verantwortung für alle pastoralen, seelsorglichen und verwaltungstechnischen Angelegenheiten einhergeht. Innergemeindliche Konflikte oder Strukturprozesse, die begleitet werden müssen, und längerfristige Vakanzen, die z.B. durch eine Erkrankung der Pfarrstelleninhaberin bzw. des Pfarrstelleninhabers hervorgerufen werden, erschweren die Situation zusätzlich.
„Unsere Gemeinschaft ist aufgrund der auch in anderen Bereichen abnehmenden Ressourcen zukünftig nicht mehr in der Lage, in diesen Fällen für eine adäquate Vertretung zu sorgen, geschweige denn von einer dauerhaften Vertretung, die auch konzeptionelle und inhaltliche Prozesse in einer Kirchengemeinde angemessen begleiten kann. All diese Gründe haben zu der Einschätzung geführt, dass Einzelpfarrstellen – zumindest in einem urban geprägten Umfeld – auf Dauer nicht zukunftsfähig sind“, hatte bereits die letzte Synode festgestellt und den Kreissynodalvorstand gebeten, das derzeitige Rahmenkonzept für Pfarrstellen entsprechend weiterzuentwickeln.
Das Ergebnis wurde am Samstag mit einer Gegenstimme und drei Enthaltungen beschlossen: Grundsätzlich sollen Einzelpfarrstellen nicht mehr zur Besetzung freigegeben werden. Davon kann im Einzelfall nur dann abgewichen werden, wenn sich die betreffende Kirchengemeinde zusammen mit den übrigen Gemeinden des jeweiligen Gestaltungsraums nach eingehender Beratung auf ein tragfähiges, gemeinsames Konzept für Pfarrstellen geeinigt hat, Vertretungsdienste einmütig geregelt sind, die finanzielle Leistungsfähigkeit aufgrund der Gemeindegliederzahl gegeben ist, das Presbyterium seine Arbeitsfähigkeit darstellen kann und die Schwerpunkte der Gemeinde sowie die Planung für Gebäude und Personal einbezogen wurden. Überhänge von Pfarrstellen sollen vor allem den personellen Ressourcen im jeweiligen Gestaltungsraum zugutekommen. – Die unverändert verabschiedete Beschlussvorlage finden Sie in der PDF-Datei unten auf der Seite.
BILDUNG EINES VERBUNDS DER NOTFALLSEELSORGE
Nachdem die Ausbildung von ehrenamtlichen Notfallseelsorgerinnen und Notfallseelsorgern für die Kirchenkreise an der Ruhr (Mülheim), Essen und Oberhausen (MEO-Region) bereits gemeinsam organisiert ist, haben die drei Kirchenkreise zum 1. Januar 2024 die Bildung eines Verbunds für die gemeinschaftliche Koordination von Bereitschaftszeiten, Einsätzen und Begleitung der Seelsorgenden (MEO-Notfallseelsorge) vereinbart.
Das Konzept sieht eine Pfarrstelle mit einem Stellenumfang von 50 Prozent vor, die formell im Kirchenkreis An der Ruhr errichtet wird, sowie in jedem beteiligten Kirchenkreis eine Stelle für die Koordination, ebenfalls in einem Umfang von 50 Prozent. Die Arbeit der Notfallseelsorge wird durch eine Umlage finanziert; die Höhe des Anteils orientiert sich an der Zahl der Gemeindeglieder im jeweiligen Kirchenkreis. – Den Wortlaut der getroffenen Vereinbarung zur Errichtung der MEO-Notfallseelsorge lesen Sie im PDF am Ende dieses Nachberichts.
FINANZEN
Im Jahr 2022 hat der Kirchenkreis Essen damit begonnen, immer im Wechsel Doppelhaushalte zu beschließen: Nachdem im vergangenen Jahr über die Haushaltspläne der Kirchensteuerverteilungsstelle (u.a. mit der prozentualen Verteilung des Kirchensteueraufkommens an die Kirchengemeinden und Gemeindeübergreifenden Dienste des Kirchenkreises) sowie der Kirchenkreisverwaltung für die Jahre 2023 und 2024 entschieden wurde, standen nun die Haushaltspläne der Dienste und Einrichtungen des Kirchenkreises für die Jahre 2024 und 2025 auf der Tagesordnung. Insgesamt bescheinigte der Vorsitzende des Finanzausschusses, Thomas Caspers-Lagoudis, den Gemeindeübergreifenden Diensten, die 2019 durch den Kreissynodalvorstand initiierte Konsolidierung und Neukonzeptionierung der Arbeitsbereiche „hervorragend mitgetragen und umgesetzt zu haben“.
Gleichwohl zeige der anhaltende Mitgliederschwund erste Auswirkungen auf die Finanzkraft des Kirchenkreises. Ob die innovativen Projekte, die in den letzten fünf Jahren auf der Grundlage der neuen Kirchenkreis-Konzeption dank finanzieller Unterstützung aus dem Innovationsfonds gestartet wurden und von denen einige bereits verstetigt werden konnten, eine positive Wirkung auf die Entwicklung der Mitgliederzahlen entfalten, ließe sich erst in der Zukunft beurteilen, erklärte Thomas Caspers-Lagoudis. In jedem Fall handele es sich um Projekte, die eine sehr positive Außendarstellung in der Öffentlichkeit ermöglichten. Hinzu käme, dass diese innovativen Arbeitsfelder eine neue Form der Zusammenarbeit zwischen funktionalen und parochialen Diensten ermöglichten und auch erforderten. Ebenso rücke die Verbindung von Haupt- und Ehrenamt zunehmend in den Blick und ermögliche dadurch den Erhalt oder die Intensivierung von Arbeitsbereichen bei geringer werdenden Mitteln.
Geplant wird der Haushalt des Kirchenkreises mit Erträgen aus Kirchensteuern und Zuweisungen in Höhe von 6.793.200 Euro (2024) und 6.581.600 (2025). Zum Vergleich: Der Haushaltsplan für 2023 sieht Erträge und Zuweisungen in Höhe von 6.712.700 Euro vor; das Jahr 2022 schloss mit Erträgen und Zuweisungen in Höhe von 6.337.500 Euro ab. Da die Ergebnisplanung für beide Jahre von positiven Jahresergebnissen ausgeht (2024: 632.900 Euro, 2025: 230.125 Euro), kann der Doppelhaushalt ohne Rücklagenentnahme aufgestellt werden. Die vollständigen Haushaltspläne des Kirchenkreises für die Jahr 2024 und 2025 finden Sie in der PDF-Datei unten auf der Seite.
KREISKIRCHLICHE KOLLEKTEN
Die Kreissynode hat beschlossen, dass die drei kreiskirchlichen Kollekten des kommenden Kirchenjahres folgenden Projekten und Initiativen zugutekommen sollen: Am Sonntag, 18. Februar 2024 dem Initiativkreis der Religionen Essen (IRE); am Sonntag, 2. Juni 2024 der Seelsorge für Menschen, die vor dem russischen Angriffskrieg aus der Ukraine geflüchtet sind und jetzt in Essen leben; sowie am Sonntag, 14. Juli 2024 einem Projekt der Evangelisch-Lutherischen Kirche und der Vereinten Evangelischen Mission, das sich in Tansania für bessere Lebensbedingungen von Baumwollbauern durch die Umstellung auf Bio-Baumwolle einsetzt (Klima-Kollekte).
STICHWORT: KREISSYNODE
Die Kreissynode ist das Kirchenparlament des Kirchenkreises. Gemäß der Kirchenordnung der Evangelischen Kirche im Rheinland ist sie für Grundsatzentscheidungen über die Zielsetzung, Planung und Durchführung der Arbeit im Kirchenkreis zuständig, sie verabschiedet die Haushaltspläne für den Kirchenkreis, kann Arbeitsbereiche aufheben und einrichten und trägt formell die Gesamtverantwortung.
Die Essener Kreissynode besteht aus über 150 gewählten oder berufenen Delegierten, die aus den 26 Kirchengemeinden sowie den Gemeindeübergreifenden Diensten, Referaten und Einrichtungen des Kirchenkreises entsendet werden, und tritt zweimal im Jahr zu ordentlichen Tagungen zusammen. Zwischen diesen beiden Synoden wird der Kirchenkreis durch einen Kreissynodalvorstand geleitet, dessen Mitglieder alle vier Jahre jeweils zur Hälfte durch die Kreissynode gewählt werden. Den Vorsitz von Kreissynode und Kreissynodalvorstand hat die Superintendentin des Kirchenkreises Essen, Marion Greve, inne.